Zum 80. Jahrestag des 20. Juli


(20.7.2024

Generaloberst Ludwig Beck (1880- 20.7.1944!!!) baute in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die neu gegründete Wehrmacht als Generalstabschef (zweithöchster Soldat) mit auf. Er war es unter anderem, der mit der Schaffung der Voraussetzungen für eine selbstständige Panzertruppe erst die Überraschungs-Erfolge von 1939 und 1940 ermöglichte.

Beck war mit dem politischen Kurs Hitlers aber so unzufrieden, dass er vor dem Beginn des Einmarsches in die sudetendeutschen Gebiete der Tschechoslowakei seine Entlassung beantragte und erhielt (18.8.’38). Er schloss sich dann dem militärisch-politischen Widerstand an, sollte nach dem Staatsstreich vom 20. Juli 1944 Staatspräsident werden. Am Abend des 20. Juli beging er Selbstmord.

Beck schrieb am 16.Juli 1938 an seinen Vorgesetzten, den Oberbefehlshaber des Heeres, v. Brauchitsch das unten Folgende. Der historische Kontext war der, dass Hitler schon beschlossen hatte die Tschechoslowakei anzugreifen. Für diesen Fall erwartete Beck, dass Großbritannien und Frankreich in den Krieg eintreten würden. Das wäre dann – nach den damaligen Maßstäben – ein erneuter Weltkrieg geworden, der wieder nur wie der 1. Weltkrieg mit einer Niederlage Deutschlands hätte enden können. Natürlich musste Beck davon ausgehen, dass nach einem erneuten Weltkrieg Deutschland nicht einmal mehr die Bedingungen von Versailles erhalten hätte, sondern als europäische Großmacht aufgelöst worden wäre. Darauf spielt er wohl mit dem Begriff „Untergang“ am Ende des Textes an.

„Es stehen hier letzte Entscheidungen über den Stand der Nation auf dem Spiel. Die Geschichte wird diese Führer mit einer Blutschuld beladen, wenn sie nicht nach ihrem fachlichen und staatspolitischen Wissen und Gewissen handeln. Ihr soldatischer Gehorsam hat dort eine Grenze, wo ihr Wissen, ihr Gewissen und ihre Verantwortung die Ausführung eines Befehls verbieten. Finden ihre Ratschläge und Warnungen in solcher Lage kein Gehör, dann haben sie das Recht und die Pflicht, vor dem Volk und der Geschichte, von ihren Ämtern abzutreten. Wenn sie alle in einem geschlossenen Willen handeln, ist die Durchführung einer kriegerischen Handlung unmöglich.

Sie haben damit ihr Vaterland vor dem Schlimmsten, vor dem Untergang, bewahrt. Es ist ein Mangel an Größe und Erkenntnis der Aufgabe, wenn ein Soldat in höchster Stellung in solchen Zeiten seine Pflichten nur in dem begrenzten Rahmen seiner militärischen Aufgaben sieht, ohne sich der höchsten Verantwortung vor dem gesamten Volke bewusst zu werden. Außergewöhnliche Zeiten verlangen außergewöhnliche Handlungen.“

Ich hoffe, es ist klar geworden:

  • Beck fordert hier auf, die höhere Generalität sollte als Ganzes Hitler den Gehorsam verweigern.
  • Wenn ein Prozess im „Untergang“ einer Nation/eines Volkes enden kann, so müssen die Verantwortlichen (auch) dieses „worst case“ bei jeder Handlung bedenken.

Mir fällt spontan noch zu einem möglichen dritten Krieg Deutschlands in unserer Zeit ein:

„Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.“ (Bertold Brecht)