So ist das neue Informationsheft (Heft 185) von
„Ohne Rüstung leben“ betitelt.
Diese erprobte Organisation der Friedensbewegung muss ich ja nicht vorstellen. Umso lieber möchte ich dies aber mit einigen Inhalten des Heftes tun.
Ich verspreche allen Lesern viele Informationen, die wohl die meisten von uns bisher nicht bedacht hatten!
Das Heft beginnt mit einer (ironischen) Bemerkung über plötzliches Engagement gerade von Rüstungsfirmen in grünen Produkten, um dann natürlich zu betonen, dass das Militär und seine Zulieferer das genaue Gegenteil von klimafreundlich sind. Ich möchte hinzufügen: per se große Verursacher von Co2 und Großverbraucher von Ressourcen sind.
Diesem Befund gegenüber stellt das Heft eine Gesamtschau der Klimasituation:“Die Klima- und Biodiversitätskrise hat immense Auswirkungen auf unser Leben. Hitzewellen und Flutkatastrophen erreichen inzwischen auch Mitteleuropa. Infrastruktur, Wassergewinnung, Landwirtschaft und medizinische Versorgung müssen dringend angepasst werden – man spricht von Resilienz.“

(Ich entschuldige mich für die Randgestaltung und die Kritzeleien auf dem Foto. Ich habe hier nicht die Instrumentarien zur Fotobearbeitung, zudem ist mir nur der Inhalt wichtig; die Kritzeleien sind die Randbemerkungen, die ich mir bei der ersten Lektüre machte – leider mit dem Kugelschreiber)
Im Folgenden werden sehr viele Informationen zu drei Unterthemen präsentiert. Ich werde jeweils nur eine Einzelheit nennen, sonst müsste ich den Artikel abschreiben.
Krieg als „ökologische Katastrophe“:
Der Irakkrieg soll „mehr als 250 Millionen Tonnen Treibhausgase“ verursacht haben – mehr als der Ausstoß Spaniens in einem ganzen Jahr.
Militär als Verursacher von Treibhausgasen, schon im Frieden:
Obwohl das US-Militär beispielsweise pro Jahr mehr ausstoße als Peru oder die Schweiz, gebe es global keine Statistik über die von allen Streitkräften verursachten Schadstoffe. Militär ist aus den Protokollen von Kyoto und Paris ausgeklammert (ich würde sagen, dass es dafür zwei Hauptgründe gibt).
Die Bundeswehr als Verursacher:
Diese kommt der Forderung, dass man die Daten veröffentlichen müsse, jetzt schon nach, da sie Nachhaltigkeitsberichte veröffentlicht. Inhaltlich fällt dabei aber auf, dass sie dort zugeben muss, dass ihr Co2-Ausstoß von 2019-2021 „um fast 18 Prozent“ anwuchs. Eine zivile Studie hierzu aus GB kommt zu einem noch höheren Ergebnis. Und man könne sich denken, was die Aufrüstung jetzt bewirke.
Treibhausgas-Emissions-Länder haben auch „überdurchschnittlich hohe Militärausgaben“:
Dies sei besonders zum Nachteil all derjenigen Menscchen, deren Heimat jetzt schon durch Klimawechsel unbewohnbar werde. Aus deren Fluchttendenzen würden wieder Konflikte entstehen. Diese Tendenz, von der UNO schon 2009 (!!!!) angemahnt, würde den Ländern mit hohen Militärausgaben wiederum als Vorwand dienen für eine entsprechende „Sicherheitspolitik“: „Abschottung und Aufrüstung.
Die Schlussfolgerung von „Ohne Rüstung leben“:
- Militärische Rüstung schafft „gravierende Umwelt- und Klimaschäden“;
- Der Ausstoß von Rüstung und Militär muss „umfassend“ veröffentlicht und reduziert werden;
- Aufrüstung muss weltweit gestoppt werden;
- statt dessen: „zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung“, „globale Klimagerechtigkeit“ und Ende der fossilen Energiegewinnung.
- Klimaschutz dient dem Frieden und Abrüstung dient dem Klimaschutz.
In einem weiteren Artikel auf Seite 5 wird gefordert Krisenprävention und Konfliktbearbeitung mit zivilen Mitteln weiter zu verstärken, und zwar als Teil des Instrumentariums einer Außenpolitik. Hier sei für Interessenten nur der Link genannt: „pzkb.de/zivile-planziele-erste-empfehlungen-und-fachgespraechsdokumentation“. Das „pzkb“ (Plattform zivile Konfliktbearbeitung) ist eine Einrichtung, welche der Gewaltlogik/Kriegslogik klar eine sehr differenziert ausgebildete Friedenslogik entgegenstellt.
Leider muss ich hier eine aktuelle Information einfügen, die die Broschüre von „Ohne Rüstung leben“ noch nicht kennen konnte: um den 12.7.d.J. Informierten die Hauptnachrichtensendungen, dass die Kopplung von Militärhaushalt und Haushalt des Entwicklungsministeriums aufgehoben ist. Diese Kopplung, die ja für eine Außenpolitik mit Instrumenten der Friedenslogik entscheidend ist, war von der Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
Wie so vieles wird sie seit dem Februar 2022 dem Moloch des Militärischen geopfert, wodurch die deutsche Außenpolitik eindimensional wird.
Und weil vielleicht einige Leserinnen und Leser meine, dies alles sei ihnen zu weit ab vom real schießenden Ukraine-Krieg, so sei hier auf einen weiteren Link von Seite 5 verwiesen: www.forumzfd.de/de/ueber-frieden-sprechen-aber-wie.
Ich meine: eine sehr realistische Seite, die jede Einseitigkeit vermeidet und Beteiligte aus beiden kriegführenden Ländern abseits der Mainstream-Argumente hören lässt.
Auf den Seiten 6 bis 7 folgt ein Bericht über die Friedensorganiation PAX in den Niederlanden. Diesen möchte ich inhaltlich nicht wiedergeben, da ich selbst mich nicht genug auskenne. Nur: Ein Blick über den Tellerrand der bundesdeutschen Verhältnisse ist immer gut. Vielleicht könnte „Ohne Rüstung leben“ daraus eine Serie machen über die Friedensbewegungen in anderen (europäischen) Ländern.
Es folgt auf Seite 8f. ein Bericht über die Machenschaften zweier „Player“ der deutschen Waffenindustrie: Rheinmetall (für Hardware zuständig) und „Hensold“ (eher für Software, hervorgegangen aus dem Airbus-Konzern durch Ausgliederung der Sparte für Rüstungselektronik). Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung dort eine Sperrminorität von 25,1 Prozent der Aktien hält; weitere 30 % hält „Leonardo“, welches wieder zu 30 % in italienischem (Regierungs)Besitz ist.

Bei beiden Firmen haben sich „Ohne Rüstung leben“ und andere als Kleinaktionäre Mitsprache und Mitinformation gesichert. Gleichzeitig gibt es Aktionen, in denen die Machenschaften dieser Firmen an die Öffentlichkeit gebracht werden, so z.B. am 9. Mai 2023 mit einer großen Mahnwache vor der Rheinmetall-Konzernzentrale.
Nachrichten über Rheinmetall in diesem Heft:
Auftragseingang in diesem Jahr zwisschen 15 bis 20 Milliarden (also 15 000 bis 20 000 Millionen), das meiste aus dem 100 Milliarden-Schulden-Rüstungs-Extraprogramm (ich meine das „Sondervermögen“); Beteiligung am F35-Programm durch eine neue Fabrik in Weeze, dem bekannten Flughafen.
Beide genannten Firmen haben eine Taktik entwickelt, den immer noch existierenden Rüstungskontrollbestimmungen dieses Staates zu entgehen. Rheinmetall hat Dependancen in anderen Ländern, von denen aus dann die Produkte/Teilprodukte ohne die deutschen Bestimmungen exportiert werden – leider nennt der Artikel dies im Einzelnen nicht. Dies holt er aber für Hensoldt nachf: Vertriebsstandorte in der Türkei, Saudi-Arabien und Vereinigten Arab. Emiraten – alles echte Verfechter der Menschenrechte; Produktionsstandort in Südafrika; „laut jüngsten Vorwürfen“ soll der Konzern sich mit Mitteln außerhalb von Verhandlungen um Geschäfte mit Uganda und Katar bemühen.
Ich meine: Hier sollte man die historische Erfahrung bemühen. Wilhelm Muehlon, Krupp-Direktor fürs Waffengeschäft von 1913 bis 1915 berichtet in seinen Memoiren („Wie ein Fremder im Vaterland“) über die Praktiken von Krupp vor seiner Amtszeit. Dort war Bestechung System.
Und das liegt auch fast in der Natur der Sache, denn wo findet man einen Geschäftsbereich mit so hoher staatlicher Garantie für Vertrag und Profite, oft auch mit Unterstützung der eigenen heimatlichen Regierung. Ich habe Wilhelm Muehlon hier im Blog in dem Artikel „Private Profite“ vorgestellt.
Höchst aktuell auch die nächste Seite der Broschüre! Eine Bilanz der Außenpolitik der jetzigen Regierung. Moniert wird das Konzept der „Nationale Sichernheitsstrategie“, welches die Zeitung „Die Zeit“ so charakterisiert: „Dies ist keine Strategiedokument, sondern eine Bekräftigung, dass wir die Guten sind.“ (Broschüre S. 10). Bemerkt wird, dass der Haushaltsentwuft für 2024 viel später als sonst vorgelegt wurde, da er länger unter dem Primat des Militärischen unter Kürzung der anderen Bereiche verhandelt wurde. Von hier aus folgert „Ohne Rüstung leben“, dass der Entwicklungshilfe-Etat gekürzt werden würde – ich hatte oben die Nachricht schon eingefügt, dass dieser Etat jetzt vom Wachstum des Militär-Etats abgekoppelt wird.
Ein weiteres Gesetz kommt nicht voran: das Rüstungsexportkontrollgesetz. Ich meine: nach dem Schicksal des Entwicklungshilfe-Etats kann man sich vorstellen, was bei der Abstimmung innerhalb der Ministerien auf der Strecke bleiben wird.
Die Broschüre ist auch skeptisch, ob die Regierung sich aktiv für den Atomwaffenverbotsvertrag einsetzen würde. Allein schon die „Optimierung“ der „Nuklearen Teilhabe“ durch Bestellung des F35-Bombers spricht dagegen.
Abschließend gibt es auf Seite 11 noch einen schönen Überblick über die Aktivitäten der Organisation seit 1978, zusammen mit Antworten auf die Frage, wie man sich für Frieden einsetzen kann.

Fazit für die Friedens-Führung:
Ich meine: Selbst für Leser, die den jetzigen Kurs im Ukrainekrieg mittragen, sollte dieses Heft eine gewinnbringende Lektüre sein. Denn wer weiß schon, wie wir in einigen Jahren über den jetzigen Kurs zu denken gezwungen sein werden (falls wir dann noch sind) – die desaströse Bilanz des „Kriegs gegen den Terror“ sollte da Mahnung genug sein.
Und gerade auch der Klimawechsel dürfte vielen dann „à coup de bâton“ (mit Stockschlägen, Zitat von Friedrich d.Gr. aus dem Gedächtnis) eingebläut haben, dass die jetzigen Schwerpunktbildungen falsch waren.
Autor dieses Artikels ist:
G. Jankowiak
Sodinger Str. 60
44623 Herne