Churchill führte im 2. Weltkrieg Großbritannien zum Sieg über Nazi-Deutschland. Churchill selbst war ein Mensch, der sich am wohlsten fühlte, wenn es Konflikte gab. So soll er sich im 1. Weltkrieg im Schützengraben so richtig wohlgefühlt haben!!! DIESER Mensch schrieb 1925 unter dem Eindruck des 1. Weltkrieges die folgende Warnung vor weiterer Entwicklung der Militärtechnik (G.J.)
Es ist eine feststehende Tatsache, dass Nationen, die glauben, dass es um ihr Leben geht, nicht von von der Nutzung jeglicher Mittel zurückgehalten werde um ihre Existenz zu sichern. Es ist wahrscheinlich – nein, sicher – dass unter den Mitteln, die nächstes Mal zu ihrer Verfügung stehen werden, Mittel einer umfassenden, unbegrenzten Zerstörung sein werden, und vielleicht unkontrollierbar, wenn sie einmal abgefeuert wurden.
Die Menschheit war nie vorher in dieser Position gewesen. Ohne dass sie sich merkbar in ihrer Tugend verbessert hat oder weisere Führung hätte, hat sie zum ersten Mal die Werkzeuge, durch die sie sicher ihre eigene Vernichtung vollenden kann, in ihrer Hand. Das ist (also) der Punkt im menschlichen Schicksal, zu dem all der Ruhmestaten und Mühen der Menschen sie geführt haben.
Sie würden gut daran tun zu pausieren und über ihre neuen Verantwortlichkeiten zu meditieren. Der Tod steht hab acht, gehorsam, abwartend, bereit zu gehorchen, bereit die Völker en masse hinwegzufegen; bereit, wenn herbeigerufen, das, was von der Zivilisation übrig ist, zu pulverisieren, ohne Hoffnung auf Reparatur. Er erwartet es von einem schwachen, verängstigten Wesen, das lange sein Opfer war, und jetzt sein Herr – für eine Gelegenheit aber nur.
Man sollte nicht für einen Moment denken, das die Gefahr einer weiteren Explosion in Europa vorbei ist.
(Es folgt ein Überblick über Gründe des Jahres 1925, aus denen neue Kriege entstehen könnten: die Unzufriedenheit in der Sowjetunion und Deutschland mit den Bestimmungen des Versailler Vertrages)
Und es öffnet sich ein Blick auf elektrische Strahlen, die die Motoren von Autos paralysieren können, Flugzeuge vom Himmel holen könnten, und die bemerkbar zerstörerisch für das menschliche Leben gemacht werden könnten. Dann sind da die Exposivstoffe. Haben wir das das Ende erreicht? Hat die Wissenschaft ihre letzte Seite hierüber aufgeschlagen? Könnten da nicht Methoden der Nutzung von Explosivenergie sein, die unvergleichlich intensiver sind als irgendetwas, das bisher entdeckt worden ist? Könnte nicht eine Bombe, die nicht größer als eine Orange ist, erfunden werden, die eine geheime Kraft besitzt, die einen ganzen Block von Gebäuden zerstören – vielmehr: die die Kraft von Tausend Tonnen Cordit konzentrieren und eine städtische Siedlung mit einem Streich wegblasen kann? Könnten nicht Explosivstoffe des existierenden Typs durch Funk oder auf anderen Strahlen in Flugkörpern automatisch, ohne einen menschlichen Piloten, in unaufhörlicher Folge auf eine feindliche Stadt, ein Waffendepot, ein Militärlager oder eine Dockanlage gelenkt werden?
(Ich muss hier unwillkürlich an die Drohnen denken, die die Kämpfe im Ukraine-Krieg dominieren, G.J.)
Was Gifgas und Chemische Kriegführung in allen ihren Formen betrifft, ist bisher nur das erste Kapitel eines schrecklichen Buches geschrieben worden. (…)
In früheren Zeiten waren überlegene kriegerische Tugenden – physische Stärke, Mut, Kenntnis, Disziplin – nötig um solche ein Überlegenheit zu erlangen; und in der harten Evolution der Menschheit entstanden die besten und fittesten Menschentypen. Aber keine solche rettende Garantie existiert heutzutage. Es gibt keinen Grund, warum nicht ein niedrigwertige, degenerierte, unmoralische Rasse einen Feind, der ihr qualitativ überlegen ist, zum niedergeworfenen Subjekt ihrer Willkür oder Tyrannei machen könnte -einfach weil sie zufällig in einem Moment im Besitz einer neuen todbringenden oder Terror ausübenden Entwicklung sind und ruchlos in ihrem Gebrauch. (…) und höhere Tapferkeit und Tugend könnte eine leichte Beute werden für den neuesten teuflischen Trick.
(…)
So also ist die Gefahr, mit der die Menschheit sich selbst bedroht. Mittel der Zerstörung, die in ihren Auswirkungen unkalkulierbar sind, umfassend und angstmachend in ihrem Charakter, und ohne Verbindung zu irgendeiner Form von menschlichem Verdienst; der Fortschritt der Wissenschaft, der immer schrecklichere Möglichkeiten eröffnet; und die Feuer des Hasses, der tief brennt in den Herzen einiger der größten Völker der Welt, befeuert von unaufhörlicher Provokation und nichtendender Furcht, und genährt von tiefsten Gefühl von nationaler Gefahr.
Auf der anderen Seite ist es die gesegnete Pause der Erschöpfung (die Erschöpfung aus dem 1. Weltkrieg, G.J.), die den Nationen eine letzte Möglichkeit bietet ihr Schicksal zu kontrollieren und das abzuwenden, was sehr wohl ein allgemeiner Untergang sein kann.
Sicher, wenn ein Sinn für Selbsterhaltung noch unter den Menschen existiert, wenn der Wille zu leben nicht nur einfach in Individuen oder Nationen, sondern in der Menschheit als Ganzes noch wirkt, sollte die Vermeidung der äußersten Katastrophe der höchste Gegenstand jeder Bemühung sein.
(Der letzte Abschnitt drückt die Hoffnung aus, dass in einem langen Prozess der Völkerbund – also die damalige UNO – Abhilfe bringen könnte. In den 30er Jahren konnte der Völkerbund einige Konflikte, so den span. Bürgerkrieg, nicht entschärfen, weil viele Länder die Mahnung hier im letzten Abschnitt des Textes nicht beherzigten, sondern egoistische, kurzfristige Ziele verfolgten.
(aus: W.S. Churchill: Thoughts and Adventures, London 1949 (4. Auflage), Auswahl aus den Seiten 187-191. Der Aufsatz selbst geht von S. 184-191. (Die ungelenke Übersetzung habe ich selbst angefertigt. Bitte entschuldigen Sie stilistische Schwächen – ich wollte eine möglichst wörtliche Übersetzung anfertigen!
Engl. Text oder eine Art Inhaltsangabe finden Sie im Netz bei der International Churchill Society)
G. Jankowiak